Vergesellschaftung - wie geht das?
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Wer Mäuse hat, kommt manchmal um eine Vergesellschaftung nicht herum. Sei es, weil einem Mäuschen der Partner gestorben ist und nun ein neuer dazukommt oder weil man zwei Gruppen zusammensetzen will oder die kastrierten Nachwuchsmännchen zurück zu ihren Schwestern und ihrer Mutter zurücksetzen will - Mäuse darf man in keinem Fall im bereits bestehenden Käfig zusammenstecken und dann erwarten, daß schon alles gut geht. Es bedarf einiger besonderer Maßnahmen, die ich hier anhand meiner letzten Vergesellschaftung (so heißt der Vorgang, wenn Tiere zusammengebracht werden) vorstellen möchte.
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Das hier ist die Vergesellschaftungskiste, liebevoll "Knast, Zelle 7146" genannt. Zur Vergesellschaftung kann man alles nehmen, das den Nagezähnchen der Kleinen widerstehen kann (also kein Pappkarton) und in dem keine der zu vergesellschafteten Mäuse wohnt. Es kann auch ein alter Käfig sein oder ein Terrarium... Hauptsache, ausbruchsicher und geruchsneutral. Letzteres erreicht man am einfachsten durch gründliches Auswaschen mit heißem Wasser, in das ein Schluck Essigessenz geschüttet wurde. Zu groß sollte der Vergesellschaftungskäfig übrigens nicht sein - die Kandidaten sollen sich ja bewußt auf den Pelz rücken und sich nicht aus dem Weg gehen. Meine Kiste hat die Maße 57 x 37 x 30 cm (LxBxH), das ist schon sehr groß, aber da mußten bisher bis zu 16 Mäuse zur ersten Begegnung reinpassen. Für zwei, drei Mäuse reicht sicher auch eine Grundfläche von 40 x 30 cm aus - ist ja nur für die erste Nacht. Es gibt leider Mäuse, die auf einer solchen Fläche ihr Leben verbringen müssen.
In diese Kiste (oder was auch immer) kommt jetzt eine Schicht ganz normale, aber unbenutzte Streu, mehr erst einmal nicht. Sollte die Kiste wie die meine oben offen sein, besorgt euch etwas zum abdecken, die Kleinen können sehr hoch und sehr gut springen. Wir haben eine zur Zeit nicht genutzte Käfiggittertür genommen - so konnten wir die Mäuse gut beobachten und die Kleinen blieben drinnen.

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Dann kann es auch schon losgehen. Vorsichtig alle Mäuse einsammeln und ab damit in die Kiste. Es ist eigentlich egal, in welcher Reihenfolge sie reingesetzt werden. Das geht am besten, wenn man zu zweit arbeitet. Einer setzt die Mäuse hinein, der andere behält das Gewusel im Auge, ob es Ärger gibt. Sollten sich zwei Mäuse angreifen und es ernst werden (sie sich also wirklich durch den Käfig prügeln), kurz unterbrechen und die Kontrahenten trennen. Es kann sein, daß es nur ein Moment der Verunsicherung war und danach wieder Ruhe einkehrt. Sollte dies allerdings gar nicht klappen, muß der Vergesellschaftungsversuch abgebrochen werden, sonst gibt es nicht nur Unfrieden, sondern ernste, blutige Verletzungen. Aber: Kurz durch die Kiste jagen, aufreiten oder auch ein Biß hier und da sind erst einmal nicht so schlimm - nur wenn es wirklich andauernde Angriffe gibt, ist eine Unterbrechung angeraten.

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Ist nach etwa einer halben Stunde noch immer alles in Ordnung, kommt der nächste Schritt: Es gibt Wasser, Futter und Gemüse und - ganz wichtig - ein Haus, das groß genug ist, um alle Mäuse aufzunehmen. Wir haben hier 13 Mäuse vergesellschaftet, so ein großes Haus hatten wir gar nicht. Also dient hier eine Kellogs-Schachtel mit Eingangslöchern als Haus. Sinn der Sache ist, daß sich alle Mäuse darin verkriechen und gemeinsam dort schlafen, damit sich der Geruch der verschiedenen Mäuse(gruppen) vermischt und sie eine Art Gemeinschaftsgeruch entwickeln. Wie lange die Mäuse brauchen, um sich gemeinsam im Haus niederzulassen, ist unterschiedlich. Mindestens eine Nacht sollten die Kleinen allerdings schon zusammenbleiben, dann akzeptieren sie sich meist. Wir haben festgestellt, daß ein Haus zwei Ausgänge haben sollte, weil sich die Mäuschen so wohler zu fühlen scheinen. Wenn keiner da ist, wird entweder das Haus ignoriert oder ein zweiter reingenagt.
Wir packen vor dem Schlafen gehen noch immer einen Haufen Papierschnipsel (Brötchentüten, Küchenpapier) mit hinein - die Kleinen fangen dann gemeinsam an, die Schnipsel ins Häuschen zu tragen, um sich dort einen großen Schlafplatz zu bauen. Wir bilden uns ein, daß diese gemeinsame Aufgabe den Kleinen hilft, sich schneller näherzukommen.

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Natürlich wollen die Kleinen so schnell wie möglich aus dieser unangenehmen Zwangslage wieder raus und in ihr Zuhause zurück. Ich habe gemerkt, daß sie dann sogar ziemlich anhänglich werden und gern den Arm hochklettern, wenn man die Hand reinsteckt (um die Futternäpfe oder das Häuschen reinzustellen). Sobald sie sehen, daß man vor der Kiste steht, konzentrieren sie sich auch mehr auf ihren Menschen als auf das Gewusel - da ist es sinnvoll, sich selbst zu beruhigen, indem man etwas tut. Ich schnappe mir immer alles noch verwendbare Käfiginventar, um es ordentlich mit Essigwasser zu schrubben. Da ich einen großen Käfig hab, ist da auch jede Menge Inventar drin, das dauert gern schon mal eine halbe Stunde oder länger. Dann kann noch das alte Streu aus dem Käfig geräumt werden, der gesamte Käfig mit Essigwasser gründlichst ausgewaschen werden... das dauert. Die Zeit haben dann die Mäuse für sich und es beruhigt die Nerven ungemein, wenn man etwas zu tun hat.

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Es kommt vor, daß sich Mäuse Einzelschlafplätze suchen, anstatt in das Häuschen zu den anderen zu gehen. Laßt sie. Wer schon einmal einen Knubbel Mäuse beim schlafen beobachtet hat, weiß, daß es da ziemlich unruhig zugeht - eigentlich jeden Moment dreht sich eine Maus um, sucht sich wieder mal eine andere als Kissen, eine andere will unbedingt in der Haufenmitte schlafen, die nächste merkt, daß die Nase einer anderen ihr im Gesicht hängt.... in einem Mäuseschlafzimmer geht es immer wuselig zu. Wenn dazu noch der Vergesellschaftungsstreß dazukommt, strengt das die Mäuse sehr an und wenn es ihnen zu anstrengend wird, schlafen sie auch schon mal draußen und einzeln. Das ist nicht schlimm, solange die Maus nicht aus dem Häuschen ausgestoßen wird - wenn sie also versucht, ins Häuschen zu gehen und gar nicht reingelassen wird.

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Wenn nach ein, zwei Nächten alles in Ordnung ist und die Mäusegruppe einen familiären Eindruck macht (keine Rangeleien, keine Prügeleien, keine Beißereien), kann es weitergehen und die Mäuse in einen größeren oder auch in den endgültigen Käfig gesetzt werden. Ein bißchen Einrichtung darf gern dabei sein, aber noch nicht zu viele Schlaf- und Versteckmöglichkeiten.

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Und wenn alles gut geht und keine Streitereien folgen, kann der Platz immer großzügiger werden - wir haben viele kleine Käfige, von denen jeden Tag einer eingerichtet dazukommt, bis der ganze Käfig in Betrieb genommen wurde. Rangkämpfe mit kurzen Verfolgungssprints und Aufreiten sind jetzt auch noch normal, denn durch die neue Gruppenstruktur muß eine neue Rangfolge ausgefochten werden. Aber ernst darf es zu keinem Zeitpunkt werden; deshalb die erste Zeit gut beobachten und auf Gefiepse hören.

Viel Erfolg!

Sevenah
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